Alonissos liegt bereits seit der Antike geografisch etwas abseits der Ereignisse, die in den Geschichtsbüchern verzeichnet sind. Dennoch hat sich auf der Insel über die Jahrhunderte hinweg ein vielfältiges und reiches Leben entwickelt, das ihre eigene Geschichte geprägt hat.
Früheste Zeugnisse menschlicher Präsenz in der Ägäis stammen aus der Jungsteinzeit (10.000 v. Chr. - 2200 v. Chr.) und wurden in der "Höhle des Zyklopen" auf der Insel Gioura nordöstlich von Alonissos entdeckt. Auch Funde von Siedlungen in den Buchten von Agios Petros auf Kyra Panagia und Kokkinokastro auf Alonissos belegen eine frühe Besiedlung der Insel
Die antiken Geschichtsschreiber Herodot und Thukydides (beide um 450–400 v. Chr.) erwähnen die Machtstellung von König Minos von Kreta, der das Meer beherrschte und Kolonien auf ägäischen Inseln gründete. Es heißt, dass Minos im 16. Jahrhundert v. Chr. Prinz Staphylos, den Sohn seiner Tochter Ariadne mit dem Gott Dionysos und dessen Bruder Peparithos mit Weinreben und Olivenbäumen auf die Nachbarinsel Skopelos entsandte. Sie benannten die Insel Peparethos, und obgleich unklar ist, ob sie auch Alonissos besiedelten – damals Ikos genannt –, war die Insel dennoch bereits für ihren Weinanbau bekannt. Amphoren mit der Aufschrift IKION, dem antiken Herkunftssiegel für Wein von Ikos, wurden in Athen, am Schwarzen Meer und in Alexandria gefunden.
Im 7. Jahrhundert v. Chr. wurde Ikos zusammen mit Peparethos und den anderen Sporadeninseln eine Kolonie von Chalkis, der bedeutendsten Stadt auf Euböa und erlebte eine Epoche des Wohlstands und der Autonomie. Der Geograph Skylax (spätes 6. Jhdt. v. Chr.) erwähnte in seinen Schriften zwei Siedlungen auf Ikos.
Nach dem Peloponnesischen Krieg (431–404 v. Chr.) wurde die Insel als Verbündeter Athens kurzzeitig von Sparta besetzt. Im Anschluss trat Ikos dem Zweiten Attischen Seebund bei, verlor aber nach dem Friedensschluss zwischen Athen und Philipp II. von Makedonien seine Unabhängigkeit und geriet wie alle Sporadeninseln unter makedonische Herrschaft. Während der makedonischen Kriege im 2. Jahrhundert v. Chr. fürchtete König Philipp V. die Inseln als strategische Basis für Rom und befahl die Zerstörung der Siedlungen auf Peparethos und Skiathos – ein Schicksal, das wohl auch Ikos traf. Dennoch erlangte Rom nach 146 v. Chr. die Vorherrschaft über die Region. Sie dauerte bis zur Spätantike an, als das Weströmische Reich allmählich zerfiel (476 n. Chr.), das Byzantinische Reich im Osten aber bis zum Fall Konstantinoples im Jahr 1453 weiterbestand. Die Geschichte der Sporaden schwankte zwischen scheinbarer Autonomie und der drückenden Steuerlast durch Rom.
Nach dem Vierten Kreuzzug (1202 - 1204) fiel die Insel, nun als Chelidromia bekannt, unter die Herrschaft der venezianischen Familie Ghisi. Doch im Jahr 1267 wurden die Ghisis durch den veronesischen Admiral Licario im Auftrag Konstantinopels vertrieben. Chelidromia blieb bis 1453 unter byzantinische Kontrolle.
Nach dem Fall Konstantinopels suchten die Bewohner erneut Schutz bei der Venezianischen Republik, die fortan die Herrschaft übernahm. Trotzdem konnten die Venezianer das Leben und die Sicherheit der Einwohner nicht wesentlich verbessern. Piratenangriffe zwangen die Bevölkerung dazu, das befestigte Kastro nicht zu verlassen. Sie konnten weder ihre Felder bestellen noch zum Fischfang gehen. Im Jahr 1538 fiel die Insel einem Überfall und den Plünderungen des Piraten Khaireddin Barbarossa zum Opfer. Viele Bewohner verloren dabei ihr Leben, während die Überlebenden entweder versklavt wurden oder von der Insel flohen. Barbarossa überließ die Insel anderen Piraten, die für Jahrhunderte, verborgen in den zahllosen Buchten und Höhlen, Schrecken in der gesamten nördlichen Ägäis verbreiteten. In den folgenden Jahrzehneten blieb die Insel beinahe unbewohnt, bis im späten 16. Jahrhundert eine allmähliche Zuwanderung von den benachbarten Inseln und dem Festland begann.
Während des griechischen Unabhängigkeitskrieges (1821 - 1829) strebte Griechenland die Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich an. Die Konflikte fanden 1829 mit dem Vertrag von Adrianopel ihr Ende. Die Unabhängiglkeit Griechenlands wurde anerkannt. Nach der Befreiung erhielt die Insel den Namen Alonissos und etablierte sich als "Dimos Alonnisou" (Gemeinde Alonissos), bevor sie 1830 offiziell vom Osmanischen Reich an das Königreich Griechenland überging. Die Bewohner führten ein bescheidenes, aber friedliches Leben und widmeten sich der Viehzucht, Landwirtschaft, dem Fischfang und der Wiederbelebung der Weinproduktion, die einst unter dem legendären Prinzen Staphylos gedieh.
Im April 1941 eroberten deutsche Truppen die Inseln Skiathos, Skopelos, Alonissos und Skyros. Die Besatzungszeit war geprägt von Unterdrückung und Ausbeutung der Ressourcen. Einige Einheimische schlossen sich der griechischen Widerstandsbewegung an und führten Sabotageakte gegen die deutschen Besatzer durch. Die Nördlichen Sporaden wurden erst im Oktober 1944 von den deutschen Besatzern befreit.
Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Alonissos erneut in schwere Zeiten: Im Jahr 1950 wurde die Insel von der Reblaus heimgesucht, die innerhalb von 10 Jahren fast alle Weinberge vernichtete. 1965 wurde die Chora von einem Erdbeben erschüttert, das zahlreiche Häuser zerstörte und das Dorf größtenteils verlassen zurück ließ. Doch zu Beginn der 1970er Jahre läutete der beginnende Tourismus ein neues Kapitel in der Geschichte der Insel ein.
Alonissos hat, wie zahlreiche andere griechische Inseln, einen Wandel in seiner Wirtschaft und Lebensweise durchlebt. Der Tourismus hat an Bedeutung gewonnen, und heute ist die Insel berühmt für ihre schönen Strände, kristallklaren Gewässer und pittoresken Dörfer. 1992 wurde die Insel Teil des Meeresnationalpark Alonissos - Nördliche Sporaden, einem Schutzgebiet, das der Erhaltung seltener Pflanzen- und Tierarten, insbesondere der Mittelmeer-Mönchsrobbe (Monachus monachus), dient. Nachhaltiger Tourismus soll die ursprüngliche Schönheit der Insel für künftige Generationen bewahren.
Alonissos blickt auf eine bewegte, facettenreiche Geschichte zurück. Von den zahlreichen Bezeichnungen – Ikos, Chiliodromia, Iliodromia, Liadromia bis hin zu Alonissos – zeugt jeder Name von einer Epoche, in der die Insel immer wieder ihr Gesicht und ihre Bewohner wandelte. Die Insel hat sich beständig erneuert, Höhen und Tiefen durchlebt, und ist heute ein lebendiges Mosaik aus Natur, Geschichte und Kultur.